BIM – Digitalisierung der Baubranche
Building Information Modeling (BIM) wird zunehmend zum Zugpferd der Digitalisierung in der Baubranche. Anlässlich seines 70-jährigen Firmenjubiläums lud IPROconsult Kunden zur Fachtagung „BIM – Digitalisierung der Baubranche“ nach Dresden ein, um mit Experten über neue Technologien, Trends und Zukunftschancen zu diskutieren. Sieben Referenten sprachen über Künstliche Intelligenz, BIM-Planungsleistungen oder digitale Stadtmodelle. Rund 50 Teilnehmende aus öffentlichen Institutionen und privaten Unternehmen beteiligten sich an den Gesprächen in der Pause und der anschließenden Podiumsdiskussion.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
Seine Keynote hatte André Rauschert vom Fraunhofer Institut unter den Titel gestellt: „Wer sich immer alle Türen offen hält, wird sein Leben auf dem Flur verbringen“. Er beschrieb einige globale Anstrengungen zur Entwicklung Künstlicher Intelligenz – vom Ursprung des Forschungsbereichs „KI“ im Jahr 1950 bis zum Atlas-Roboter 2018, der aus dem Stand einen Rückwärtssalto absolvierte.
Im Anschluss gab er einen Ausblick auf die zu erwartenden rasanten Entwicklungen bis 2025: digitale Zusammenarbeit, zukunftssicheres Design und Konstruktion, höherwertige Vermessung und Geo-Lokalisierung sowie BIM in der fünften Dimension werden große Veränderungen für die Arbeitswelt mit sich bringen. Er führte aus, dass die Digitalisierung als Basisfunktionalität auch zu einer Änderung von Geschäftsmodellen führen wird.
// Rauschert blickte anschließend noch weiter in die Zukunft und vertrat die These, dass bereits um das Jahr 2040 die Künstliche Intelligenz bessere Fähigkeiten haben werde als der Mensch: Maschinen könnten Menschen dann argumentativ überzeugen sowie Universitätsabschlüsse erreichen.
Potenziale digitaler Gelände- und Stadtmodelle
Eingangs seines Vortrags brachte Prof. Dr. Robert Kaden seine Zuhörer zunächst auf einen Stand, indem er Entstehung und Prinzip der Methode des Building Information Modeling (BIM) erläuterte. Er beschrieb zudem die Vorteile konstruktiver Volumenmodelle und die semantische Modellierung von Bauteilen im Programm Revit, ging auf die typologische Modellierung von Bauteilbezeichnungen und deren wesentlichen Nutzen beispielsweise für automatische Kollisionsanalysen bei der Gebäudeplanung ein.
Den zweiten Abschnitt seines Referats widmete Prof. Kaden der Nutzung von Geodaten in der BIM-Planung. Datengewinnung aus Geoinformationssystemen (GIS), Georeferenzierung, Geländemodellierung und der Einsatz entsprechender Software waren die Schwerpunkte seiner Ausführungen, an deren Ende ein Modell stand, in dem BIM- und GIS-Welt integriert sind. Zum Abschluss stellte er das Konzept des CityBIM-Webportals (VCS) vor, das die Integration von Planungsvarianten in den urbanen Kontext ebenso ermöglicht, wie die Berücksichtigung der Nachbarschaft der Planung im Hinblick auf Erscheinung, Stadtkontext, Infrastruktur und Bevölkerung sowie die Bewertung und Evaluation von Planungen durch Behörden.
Planung und Projektmanagement mit BIM
Jochen Tanger von Autodesk präsentierte die Planung im BIM-Prozess über alle Gewerke, Leistungs- und Lebensphasen des Gebäudes hinweg. Er betonte die Bedeutung einer hohen Modellqualität und stellte die Vorteile bei Kostenkontrolle und Auswertung der Baumassen heraus. Simulationen mit Sonneneinstrahlung, Wind, Helligkeit, Verschattung, Behaglichkeit, Wärme, Rauch und Abluft dienten der Planungsoptimierung, so Tanger. Im Verlauf seines Vortrags arbeitete er die Vorteile von BIM in Projektmanagement, Dokumentation und Kommunikation heraus und ging auf den Einsatz von „BIM 360“ am Londoner Flughafen Heathrow ein.
Einen zweiten Beitrag widmete Jochen Tanger dem Generative Design, also dem gemeinsamen Entwerfen von Objekten durch Mensch und Computer. Internet of Things (IoT) und intelligente Analysemethoden würden zu effizienteren Planungsprozessen führen, so der Senior Technical Specialist. Künstliche Intelligenz könnte beispielsweise Varianten der Planung durchrechnen und Gebäude optimieren. Bei digitaler Zusammenarbeit und industrialisiertem Bauen sieht er die Perspektiven für die zukünftige Planung.
Nutzung der BIM-Modelle für die Betriebsphase von Gebäuden
Konrad Schulze, Geschäftsführer der KMS Computer GmbH, und Christoph Großmann, BIM-Manager von IPROconsult, stellten zunächst ein themenübergreifendes Informationssystem vor. „Räumliche Zusammenhänge werden durch die nahtlose CAD- und GIS-Integration transparent und erweitern den Funktionsumfang“, sagte Schulze. Mit Hilfe von BIM-Modellen gäbe es eine durchgängige Lösung für Objektverwaltung, Bewirtschaftung, Instandhaltung und Infrastruktur-Ressourcen. Damit würde Computer-Aided Facility Management (CAFM) Kosten senken, Budgetgrundlagen schaffen und die gesamte Qualität des Betriebs von Gebäuden verbessern. Die Prüfung der Objektsicherheit würde ebenso vereinfacht.
So biete CAFM ein breites Spektrum an Nutzen für Objektmanagement, Betreiber und Verwaltung. Die Einsparungspotentiale nach GEFMA 460 betrügen beispielsweise bei Dokumentation und Berichtswesen bis zu 90 Prozent, beim Wartungsmanagement bis zu 30 Prozent. CAFM habe insgesamt positive Effekte auf Transparenz, Kosten, Effizienz, Dokumentation, Flächennutzungseffizienz und Betriebsunterbrechungen.
BIM-Lebenszyklus und -Consulting
Als Methode, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes digital und in Gestalt eines Modells abzubilden, wird BIM zunehmend auch für weitere Wirtschaftszweige interessant. Unter dem Motto „Vom Bauwunsch zum Rückbau“ beschrieb Christoph Großmann die einzelnen Lebenszyklusphasen digitaler Gebäudemodelle. Von Vorbereitung über Planung und Bauausführung bis hin zu Betrieb und Rückbau bedarf es einer projektspezifischen BIM-Strategie, die die Ziele und Anwendungsfälle des „Digitalen Zwillings“ beschreibt.
Anhand von Referenzprojekten erläuterte Großmann die Übertragung der BIM-Modelle auf die Baustelle und in den Betrieb. Auch für die Phase des Rückbaus erläuterte er interessante Lösungsansätze. Für diese Phase präsentierte er einen spannenden Versionsvergleich, der die Parameter Abtragungsdauer, Personalkosten, Lagerfläche und Lagerhaltungskosten berücksichtigt und optimiert. Schließlich bot er den Kunden von IPROconsult Unterstützung bei der Einführung von BIM an.
Elektrisch fahren – eine Klasse für sich!
Prof. Dr. Arnd Stephan von der TU Dresden übernahm den letzten Part der Vortragsreihe. Er spannte den Bogen von den bescheidenen Anfängen des elektrischen Fahrens im Jahr 1879 hin zum Elektroverkehr auf der Schiene im Jahr 2019: 340 km/h und 22 Megawatt betrage die Differenz nach 140 Jahren. Seine These: „Hätten wir die Eisenbahn in Deutschland nicht elektrifiziert, wäre sie als Verkehrsträger heute bedeutungslos.“ Seine Argumentation fußte auf „Leistung, Leistung, Leistung“. Leistungsboni seien die elektrische Antriebstechnik, die Bereitstellung und Übertragung des elektrischen Stroms, die Energieeffizienz und damit die Energiebilanz im Gesamtsystem.
Als aktuelle Herausforderung beschrieb er die elektrische Versorgung – beispielsweise aus regenerativen Energien. Für die Erwartungshaltung zur Elektromobilität konstatierte er den Widerspruch von gesellschaftlich gewünschten langfristigen ökologischen Effekten versus kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolgen. Prof. Stephan leitete aus der Geschichte ab: „Ohne Infrastruktur-Programme wird es nicht gehen.“ Sein Fazit für das elektrische Fahren: „Die Grundrichtung ‚Mehr Elektroverkehr‘ stimmt. Aber dafür müssen wir einen langen Atem haben. Es ist wirklich eine Klasse für sich, denn Elektroverkehr ist immer ein Infrastruktur-Thema – ganz gleich ob mit Oberleitung, Nachladung, Betankung oder Distribution. Erfolgreich werden diejenigen sein, die die Migration in den Bestand gut hinbekommen.“