Suche verwenden
Dynamische Planung für einzigartiges Gelände
ProjektLesedauer 4
E-Mail

Dynamische Planung für einzigartiges Gelände

Im Westen Berlins liegt der Rangierbahnhof Wustermark. Seit 2017 entwickelt hier der Landkreis Havelland ein Zentrum für Bahngewerbe und moderne Bahntechnologien. IPROconsult plante die Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke auf dem Gelände des ehemaligen Bahnreparatur- und -betriebswerks und legte damit die Basis für die Entwicklung in der Region.

Wustermark Rangierbahnhof: Geschichte eines einstigen Giganten der deutschen Bahn

Am 1. Mai 1909 wurde der „Wustermark Rangierbahnhof“ nach dreijähriger Bauzeit durch Kaiser Wilhelm II. eröffnet. 1920 folgte dann das Bahnbetriebswerk mit zwei Ringlokschuppen und zugehörigen Drehscheiben, vier Bekohlungsanlagen und einem 56 Meter hohen Wasserturm. Mit einer Länge von 4,5 Kilometern war er bis zum Zweiten Weltkrieg einer der größten und modernsten Rangierbahnhöfe in Deutschland. Wenige hundert Meter südlich liegt außerdem das Olympische Dorf der Sommerspiele 1936 mit seinem charakteristischen Viertelrund. 

Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 entstand im Nordosten der Bahnanlage ein Zollbahnhof, auf dem bis zur Wende 1.200 Menschen arbeiteten. Mit abnehmender Bedeutung nach 2000 plante die Deutsche Bahn, den Bahnhof zu schließen. 2008 gründete jedoch die Havelländische Eisenbahn zusammen mit der BUG Vermietungsgesellschaft die Gesellschaft Rail & Logistik Center Wustermark, die wiederum die Anlagen des Rangierbahnhofs von der Deutschen Bahn kaufte. Das Unternehmen nutzte schon nach kurzer Zeit wieder das gesamte von ihr übernommene Bahnhofsareal. 

Verwendet werden die Bahnanlagen einerseits zum Abstellen von zeitweise nicht gebrauchten Fahrzeugen, andererseits für den Lok- und Personalwechsel im Güterverkehr sowie zur Zugbildung. Auf dem westlichen Teil des ehemaligen Rangierbahnhofs entsteht der BahnTechnologie Campus Havelland. 

Der Landkreis Havelland entwickelt hier mit Unterstützung der Havelländischen Eisenbahn ein Zentrum für bahnnahe Dienstleistungen und moderne Bahntechnologien – gefördert aus Mitteln des Bundes und des Landes Brandenburg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsinfrastruktur“. Die mit der Entwicklung beauftragte BTC Havelland GmbH revitalisiert den traditionsreichen Standort des Rangierbahnhofs und bringt bahnaffine Gewerbebetriebe und Bildungsträger mit Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen zusammen. Der Bauabschnitt West des BahnTechnologie Campus Havelland umfasst eine ehemalige, insgesamt rund elf Hektar große Brachfläche, die durch den Abriss nicht mehr benötigter Bahnanlagen entstand.

 Zu Beginn der Planungen war die Lage der Gleise nicht immer klar fixiert
Zu Beginn der Planungen war die Lage der Gleise nicht immer klar fixiert
Blick von Westen in Richtung Wasserturm und Ringlokschuppen
Blick von Westen in Richtung Wasserturm und Ringlokschuppen

Straßen- und gleisgebundene Verkehrsanlagen

2017 erhielt IPROconsult – nach einem gewonnenen Teilnahmewettbewerb und einer öffentlichen Ausschreibung der Leistungen – den Auftrag für die Planung der straßen- und gleisgebundenen Verkehrsanlagen sowie für die medientechnische Erschließung für Schmutz- und Regenwasser sowie Trink- und Löschwasser. Weiterhin war die Planung der Tiefbauleistungen für Elektro- und Gasversorgung sowie Nachrichtentechnik/IT einschließlich der Koordinierung Bestandteil des Auftrags. Die Planung erfolgte in den Leistungsphasen 4 bis 8 der HOAI. Zusätzlich waren umfangreiche Teile der Entwurfsplanung bis zurück in die Grundlagenermittlungen und Variantenuntersuchungen zu überarbeiten oder zu ergänzen. 

Nicht nur die Belange der zukünftigen Nutzer der Grundstücke mussten die Planer berücksichtigen – auch die Denkmalschützer galt es auf dem 110 Jahre alten Rangierbahnhof ins Boot zu holen: Neben Ringlokschuppen und Wasserturm standen beispielsweise selbst die alten Kläranlagen (ein vollständig erhaltener Emscherbrunnen) unter Denkmalschutz. 

Trotz der fehlenden Grundlagen aus früheren Leistungsphasen, der Pandemie und der stetig wachsenden Zahl der Besonderheiten gelang es den erfahrenen Tiefbau-Ingenieuren von IPROconsult, das Gewerbegebiet mit seiner ungewöhnlichen Form innerhalb von zwei Jahren in allen Details zu planen: Das schmale, aber sehr lange Baufeld galt es zu gliedern und zu erschließen. 

„Maßgebend bei der Umgestaltung war stets das Gleis“, erklärt die Projektleiterin Verkehrsanlagen, Antje Detzner. Die Havelländische Eisenbahn, deren Anlagen für das neue Gleis angepasst werden mussten, ergriff sofort die Gelegenheit und ließ parallel ihre Gleisanlagen planerisch erweitern. 

Blick in das neu errichtete Schmutzwasser-Pumpwerk
Blick in das neu errichtete Schmutzwasser-Pumpwerk

Umplanen und vorsichtig agieren

Grundlage für den Tiefbau war der Vermarktungsplan der BTC Havelland. „Da jedoch die späteren Nutzer und ihre Anforderungen noch nicht immer feststanden, mussten wir vielfach umplanen“, erzählt Fachplaner Jan Pfefferkorn. „Auch die Lage der Gleise war nicht immer klar fixiert“, ergänzt Martin Hornich, der die Fachplanung der Gleisanlage übernommen hatte. 

Aufgrund der ehemaligen Nutzung waren viele Kabeltrassen für Bahnanlagen, Telefon, Strom und Zugsicherung noch vorhanden und zu einem großen Teil auch in Betrieb. Hier waren im Rahmen der Planung umfangreiche Recherchen und Abstimmungen mit den Eigentümern/Betreibern erforderlich, um diese Anlagen zu berücksichtigen, anzupassen, ggf. umzuverlegen bzw. teilweise auch rückzubauen. Da die Zuständigkeiten für diese jahrzehntealten Anlagen, welche aber für den Bahnbetrieb nach wie vor wichtig sind, vielfach erst geklärt werden mussten, war dieser Teil besonders aufwendig. Die Straßen und Zufahrten folgten stets der Planung der Gleisanlagen. 

Ralf Sonntag, Fachplaner aller Straßenbaumaßnahmen, hatte dabei die Belange der Gemeinde Wustermark zu berücksichtigen und abzustimmen, wie beispielsweise die Verlegung und Neugestaltung der bestehenden Bushaltestellen. Erschwerend kam bei den Planungen der Zeitdruck hinzu, da die Fördermittelfristen bereits liefen und potenzielle Investoren gehalten werden mussten. Trotzdem entstand ein beeindruckendes Projekt, das im Sommer 2021 abgeschlossen wurde. 

Es umfasst: 

  • 1.500 m Erschließungsstraße mit Gehwegen, teilweise Radwegen und kompletter Medienerschließung
  • Straßenentwässerung über Mulden-Rigolen-Systeme im Straßenrandbereich
  • 1.600 m Gleisanlage mit acht Weichen und gesichertem Bahnübergang
  • Anbindung der Erschließungsstraße an kommunale Straßen und an den Bahnhofsvorplatz Elstal
  • Errichtung von drei neuen Bushaltestellen mit Einbindung in das Liniennetz
  • 2.100 m Trink- und Löschwasserleitungen
  • 1.300 m Schmutzwasserleitungen
  • 600 m Schmutzwasserdruckleitung
  • zwei Schmutzwasser-Pumpwerke
  • Bauleistungen für die Verlegung von Versorgungsleitungen
  • Umverlegung einer 20-KV-Trasse
  • Neue MS- und NS-Verkabelung E.dis

Bauoberleiter Peter Metzger hatte auch die Interimslösungen für Trink- und Schmutzwasser im Blick, um das vorhandene Gewerbe kontinuierlich versorgen zu können. „Bei diesem Projekt konnten wir wieder einmal unter Beweis stellen, dass wir sehr dynamische und komplexe Bauten realisieren können und das in hoher Qualität, außerdem im Zeit- und Budgetrahmen“, betont Antje Detzner. Hinzu kam beim BahnTechnologie Campus Havelland ein hoher Koordinierungsaufwand, um beispielsweise die Planungen mit den Büros für die Ausrüstungsplanung sowie mit Zweckverband, Gemeinde Wustermark, Havelländischer Eisenbahn, Havelbus Verkehrsgesellschaft und -behörde abzustimmen.

Zur Kontaktseite