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ProjektLesedauer 6:42 Minuten
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Ein Kompetenzzentrum diverser Zukunftsprojekte der Energiewende und der industriellen Transformation

Der Lausitz steht gerade der zweite massive Strukturbruch innerhalb von gut 30 Jahren bevor: Bis 1990 lag hier das Zentrum des Braunkohlebergbaus der DDR mit zuletzt 80.000 Beschäftigten, von denen nach der Wende rund 90 Prozent ihren Arbeitsplatz verloren. Aus Umweltschutzgründen steht jetzt auch das Ende der Braunkohleverstromung an, denn unter den zehn emissionsintensivsten Energieversorgungsanlagen Europas finden sich alle drei Lausitzer Braunkohlekraftwerke. Spätestens 2038 ist Schluss mit dem Verheizen fossiler Brennstoffe. Den Strukturwandel haben die Bundesländer Sachsen und Brandenburg bereits eingeläutet. Statt Schwerindustrie sollen zukünftig Hochtechnologie und mittelständische Unternehmen die Wirtschaft prägen. Im sächsischen Teil des Industrieparks Schwarze Pumpe entstand daher ein Kompetenzzentrum für Gründer und Gewerbe unter dem Markennamen DOCK³ Lausitz. Hier sollen sowohl junge, innovative Unternehmen als auch regional ansässige Firmen in ihrem Wachstum unterstützt werden.

Mit der Generalplanung wurde IPROconsult beauftragt. Im Team des Projektleiters Torsten Findeisen waren Spezialisten aus fünf IPROconsult-Standorten vereint: In Dresden und Leipzig, in der Lausitz sowie im Rheinland und in der Niederlassung Berlin/Brandenburg arbeiten die Planer – und doch bilden sie ein Team, das ein Projekt in kurzer Zeit umsetzte. Der barrierefreie Neubau-Komplex in Schwarze Pumpe glie­dert sich in ein zweigeschossiges teilunterkellertes Bürogebäude mit 20 miet­baren Büroeinheiten und Tagungsflächen sowie eine ebenerdige Werkhalle mit ebenfalls bis zu zwölf separaten, fle­xibel abtrennbaren und mietbaren Einheiten. Im Obergeschoss finden sich der Sanitärtrakt und drei Büroeinheiten.

Was wird sich verändern?

Optische Verbindung zwischen Start-ups und gestandenen Unternehmen

Gestalterischer Ansatz war es, einherge­hend mit der Optimierung der Gebäude, kompakte Baukörper zu entwickeln und diese zu akzentuieren. Der the­matische Bezug nach Norden zum direkt an das Kompetenzzentrum angrenzenden Industriepark Schwarze Pumpe sowie zur erschließenden Zufahrtsstraße erfolgt über großzügige Baukörpereinschnitte in repräsentativen Räumen, wie Aufenthalts- und Beratungszimmern. Über diese großen Öffnungen, hinter denen die Start-ups Ideen entwi­ckeln, kommuniziert das Bürogebäude mit dem öffentlichen Raum und den ge­standenen Unternehmen, die ihre Ideen bereits zur Serienreife gebracht haben und erfolgreich produzieren. So entsteht eine anregende und kreative Umgebung. „Die unmittelbare Nähe zu 125 Unternehmen mit rund 5.000 Beschäftigten ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal unseres Kompetenzzentrums“, betont Petra Lehmann, Geschäftsführerin der ASG Spremberg GmbH, der Wirtschaftsförderungs- und Projektsteuerungsgesellschaft. „Das Kompetenzzentrum ist zudem Schauplatz diverser Zukunftsprojekte der Energiewende und der industriellen Transformation. Die hier überall spürbare Aufbruchstimmung macht dieses Objekt zu einem Zentrum des Strukturwandels!“

Diesem Geist hatten die Planer von IPROconsult durch die Gestaltung und Gliederung von Bürogebäude und Werkhalle Rechnung zu tragen. Gleichzeitig galt es, die sachlichen und zurückhaltenden Gebäude ansprechend und aufmerksamkeitsstark zu gestalten. So setzte Planer Denny Zeume Akzente durch die Farbgestaltung, die sich als übergeordnetes Gestaltungsprinzip durch beide Gebäude zieht: Ein intensives Blau für die erneuerbaren Energien steht im Kontrast zu Anthrazit, das die Kohle repräsentiert. Weiß hebt das DOCK³ in seiner Umgebung hervor. „Die Farben haben wir gewählt, um Identität zu schaffen“, erklärt Zeume. „Sie werden auch in das Vermarktungskonzept integriert, wo sich ebenfalls der Leitgedanke des Wegs von der Kohle zu den Erneuerbaren durchzieht.“ Fensterbänder, Eingangsbereiche und Laibungen der Einschnitte wurden blau ausgelegt. Diese Akzentfarbe setzt sich im Inneren an den Wänden, Fliesen und Akustikelementen fort. Weiß kam bei der Möblierung, bei Decken und Wänden zum Einsatz; die Böden wurden in Anthrazit gehalten. „Dieses Farbkonzept ist zwar schlicht, wirkt aber durch die konsequente Umsetzung als Highlight“, findet Bauüberwacher Thomas Bauer aus der IPROconsult-Niederlassung Lausitz.

Co-Working-Space mit interaktiver Technischer Ausrüstung

Genauso konsequent wie die Farbgestaltung wurde auch die Beleuchtung mit einer klaren geradlinigen Formsprache und LEDs umgesetzt. Es entstanden Meeting-Points für den Austausch und kleine Beratungen auf interaktiver Ebene. Ein Co-Working-Space mit Plenum, kommunikativen Arbeitstischen, Benefitbereich und Hot-Desk-Vermietung schafft Gründern einen flexiblen Arbeitsraum. Moderne Büroausstattung in Form von Steh- und Sitzarbeitsplätzen sowie die interaktive Technische Ausstattung mit Touch-Panels lassen ein zeitgemäßes Ambiente entstehen.

„Beide Gebäudeteile sollten bis zur kleinstmöglichen Einheit unabhängig voneinander funktionieren, um auch für Einzelunternehmer und Start-ups die Möglichkeit zu schaffen, Heizung, Strom und IT-Infrastruktur getrennt abgerechnet zu bekommen“, erläutert Torsten Findeisen. TA-Planer Phileas Borner aus Bergisch-Gladbach ergänzt: „So musste eine außergewöhnlich große Menge Zähler für Heizung, Strom und Wasser geplant und installiert werden.“

Köcherfundament und Planung in 3D

Auch technisch hat das schlichte Projekt einiges zu bieten: So wurde die Basis der Werkhalle als Köcherfundament ausgeführt. Dieses besteht aus einer Stahlbeton-Fundamentplatte und dem aufstehenden Köcher. Der Köcher weist in der Mitte eine ausreichend große Vertiefung zur Aufnahme einer Fertigteilstütze auf. Der zwischen beiden Fertigteilen planmäßig vorgesehene Hohlraum wird nach dem Einsetzen und Ausrichten der Stütze mit Vergussmörtel ausbetoniert, um eine kraftschlüssige und dauerhafte Verbindung zu erzielen. „Auch dieses nicht alltägliche Detail haben wir gleich in 3D mit der Software Sofistik geplant“, berichtet Artem Fesenko, Tragwerksplaner aus Leipzig. Eine weitere Herausforderung kam auf Ralf Sonntag zu, der die vielen Zufahrten zur Halle befestigen und den Schlagregen ableiten musste: „Hier standen sich die hohen zu erwartenden Radlasten beim Befahren der Toreinfahrten und die Vorgaben der Energie-Einsparverordnung bezüglich Dämmungen im Fundament-und Bodenplattenbereich gegenseitig im Wege. Eine Entwässerungsrinne konnte nicht eingebaut werden, deshalb mussten wir auf Gefälle und eher ungewöhnliche Befestigungsarten in den Zufahrten setzen.“

„Die größte Herausforderung bei diesem Projekt war aber der enge Zeitplan in allen Phasen der Planung“, erklärt Findeisen. „Wir hatten schnell erste Resultate bei der Planung zu liefern, um Fördermittel akquirieren zu können. Dabei mussten wir eine bereits vorhandene Entwurfsplanung praktisch komplett verwerfen und neu anfangen mit dem Grundgerüst. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Bauherrn konnten wir zügig planen und Stillstandzeiten vermeiden.“ Bei dem engen Zeitplan musste im Sommer 2019 bei fast 40 Grad im Schatten die Bodenplatte in der großen Werkhalle mit der eingebauten Industrie-Flächenheizung gegossen werden. „Das klappte nur dank eines couragierten Bauunternehmens und einer fast minutiös abgestimmten Technologie“, erinnert sich Bauüberwacher Bauer. Hohe Temperaturen sorgten zum Ausgleich im darauf folgenden Winter für einen weiteren Zeitgewinn, als die Asphaltierungsarbeiten im Außenbereich anstanden. Die marktbedingte mangelnde Beteiligung der Baufirmen an den Ausschreibungen führte hingegen zu Verzögerungen.

Planung und Bau im Zeitplan sowie unterhalb der Fördermittelgrenzen

Trotz aller Widrigkeiten konnte im April 2020 eröffnet werden. Durch die Umsetzung der Grünflächenplanung von Elisabeth Zöfelt aus Leipzig bekam das Gelände in seiner Gesamtheit ein ästhetisches Erscheinungsbild mit integrierten Elektro-Ladesäulen, Parkplatzflächen und Zulieferbereichen.

„Beim Budget liegen wir in den durch die Fördermittel gesetzten Grenzen“, erklärt der Projektleiter. Da IPROconsult auch die Entwurfsplanung komplett neu aufsetzte, konnte eine Kostenberechnung mit realistischen Zahlen durchgeführt und eingehalten werden. „Obwohl wir nicht wussten, für wen genau wir planen, realisierten wir ein funktionales Gebäude, das die Ansprüche des Bauherrn voll befriedigt“, erklärt Findeisen. Michaela Nuck, Projektleiterin des neuen Kompetenzzentrums, hat hingegen schon klare Vorstellungen von den zukünftigen Nutzern: „Der ideale Mieter will sich mit anderen ergänzen und vorwärtsbringen. Er bringt sich in einen lebendigen Ort ein, der vom direkten Zugang zum Industriepark zehrt und umgekehrt. Unser Kompetenzzentrum nährt sich von den aktuellen Herausforderungen. Es baut auf den Erfahrungen der Arbeit des Industriepark-Managements und den unterschiedlichen Branchen dort auf. Hier gibt es alle Möglichkeiten, Innovationen nicht nur zu entwickeln, sondern auch sogleich in der realen Anwendung zu testen. Ein besonderer Ort in einem spannenden Umfeld.“

„Wir fokussieren beim Kompetenzzentrum auf Gründungen aus dem industriellen Bereich innerhalb eines industriell geprägten Umfelds. Daraus ergeben sich hervorragende Synergien zwischen Gründern und bestehenden Unternehmen zum gegenseitigen Vorteil, wohl der gravierendste Unterschied zu anderen Zentren“, sagt Manfred Heine, Verbandsvorsteher vom Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe. Er sieht das Kompetenzzentrum in der Zukunft als Ideenschmiede, die im Prozess des Strukturwandels einen aktiven Beitrag leistet.

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