Die Frauenkirche Dresden blickt auf eine lange Baugeschichte zurück. Bereits die verschiedenen Vorgängerkirchen aus gotischer Zeit waren der Mutter Gottes geweiht und trugen den Namen Frauenkirche. Im 18. Jahrhundert entstand der berühmte Kuppelbau George Bährs, der zweihundert Jahre das Stadtbild Dresdens prägte. Im Februar 1945 wurde die Kirche durch Luftangriffe zerstört – ihre Ruine verblieb als Mahnmal im Herzen der Stadt. Im Herbst 1989 gab es den ersten konkreten Anstoß zur Rekonstruktion. Der folgende „Ruf aus Dresden“ initiierte 1990 eine beispiellose Bewegung für den Wiederaufbau der Frauenkirche.
Der Auftrag zum Wiederaufbau
Schon ein Jahr später beauftragte die Stiftung Frauenkirche im Ergebnis eines Auswahlverfahrens die Architekten und Ingenieure der IPROconsult mit der Gesamtplanung des Wiederaufbaus. Bürgerinitiative und Stiftung hatten den Planungsauftrag klar formuliert: archäologischer Wiederaufbau in möglichst authentischer historischer Bauweise und unter maximaler Wiederverwendung und Integration der überkommenen Bausubstanz. Wir stellten uns der Herausforderung, das Unmögliche möglich zu machen. Ging es doch um ein bisher nie zuvor realisiertes Unterfangen: Eine der bedeutendsten Kirchen des Protestantismus auf dem Kontinent wieder aufzubauen.
Ein Dresdner Monument in Planung
Der ungewöhnliche Umfang der Planung über einen Zeitraum von 15 Jahren hatte zur Folge, dass wir bei IPROconsult eine eigenständige Organisation und Struktur für zeitweilig bis zu 25 Architekten, Ingenieure und Konstrukteure aufbauten. Akribisch werteten wir unzählige zusammengetragene und aufgearbeitete historische Beschreibungen, Rechnungen und Planunterlagen aus. Besonders die Aufmaßpläne und historischen Fotos bildeten eine wesentliche Grundlage für unsere Entwurfs-, Genehmigungs- und Ausführungsplanung.
Die Anpassung der überlieferten Bau- und Raumstrukturen an die neuen Nutzungsanforderungen und die neue Baugesetzgebung inklusive der neuesten Brandschutzanforderungen waren Schwerpunkte unserer Arbeit. Beispielsweise sind alle Lüftungskanäle für den Besucher unsichtbar im Fußboden oder im Hohlraum unterhalb der Betstubenempore installiert. Von dort strömen die größten Luftmengen über kleine unscheinbare Düsenöffnungen in den Kirchraum. Die erforderlichen vertikalen Verteilungsleitungen verstecken sich in Installationsschächten im Bereich der Treppenhäuser. Die gesamte Abluft wird über architektonisch angepasste Öffnungen in der Chorschranke abgesaugt und zur Lüfterzentrale zurückgeführt.
Eine besondere Aufgabe beim Wiederaufbau der Frauenkirche war es, den überlieferten Ruinenbestand zu katalogisieren und die originalen Fundstücke in den neuen Steinbau zu integrieren. Das zunächst erstellte dreidimensionale Computermodell musste ständig aktualisiert und erweitert werden, um daraus Grundriss- und Schnittpläne bis hin zu Details der Ausführungsplanung sowohl für den Steinbau als auch für den Innenausbau zu entwickeln.
Im Unterschied zum Steinbau mit den vielen Fundstücken, die alle saniert und wiedereingebaut wurden, war von den Innenräumen bis auf wenige Ausnahmen nichts erhalten geblieben. Um eine hohe denkmalgerechte Qualität des Innenausbaus zu erreichen, erstellten wir eine fundierte detaillierte Planung. Die Ausschreibung musste teilweise mit Probemustern und einer Probeachse untersetzt werden: Entlang eines kompletten Kirchraumpfeilers bis in die Innenkuppel und Hauptkuppelschale wurden die wesentlichen Ausbaudetails bis zur Oberflächenbearbeitung und der bis dahin unbekannten Farbfassung realisiert, begutachtet und mehrfach korrigiert.
Am Ende waren sich Bauherr, Denkmalpflege und Planer einig, alles für eine optimale Lösung getan zu haben. Danach bildete diese Probeachse den Maßstab für den weiteren Innenausbau. Bis zur Vollendung war die konstruktive Zusammenarbeit aller am Bau Beteiligten unverzichtbare Voraussetzung für den erfolgreichen und auch international anerkannten Wiederaufbau der Kirche.
Die Frauenkirche im neuen Glanz
Am 30. Oktober 2005 wurde die Frauenkirche vom sächsischen Landesbischof unter großer Anteilnahme prominenter Gäste und der Dresdner Bevölkerung wieder geweiht und damit ihrer künftigen Bestimmung als Gotteshaus übergeben. Heute prägt der Monumentalbau mit der größten steinernen Kirchenkuppel nördlich der Alpen wieder das Dresdner Stadtbild und setzt den Maßstab für den inzwischen weit vorangeschrittenen Wieder- und Neuaufbau der Bürgerhausbebauung zwischen Rampische Straße, Neumarkt und Schlossstraße im Zentrum der Stadt.